Dienstag, 19. März 2013
hochsensibel
Es gibt ja viele Dinge unter Himmel und Wolken, die sich nicht zeigen, aber trotzdem da sind. Zu diesen Dingen gehört auch das Thema Hochsensibilität, ein heißes Eisen, wenn man es mal wagt, in die Tiefen des Themas einzutauchen.
Es ist ein bisschen so wie bei den Männern und den Frauen. Beide brauchen sich, ergänzen sich und können einen guten Weg gemeinsam finden, wenn beide daran interessiert sind. Es können aber auch Vorurteile, Zwistigkeiten, Egoismen, Unreife und noch einige andere Kleinigkeiten dazu führen, dass man zwar halbwegs miteinander klarkommt, aber so richtig gut ist es nicht.
So ist es auch mit hochsensiblen Menschen und den "anderen", die nicht hochsensibel sind.

Es scheint oberflächlich wieder so ein Mythos zu sein: da gibt es Menschen, die sich besser erachten als andere....nun.....nein!
Viele hochsensible Menschen erleben sich nicht als so. Sie empfinden so wie sie immer empfunden haben, sehen dies aber meistens als Last und nicht als etwas Besonderes. Es sind nämlich meistens sie, die bei anderen Menschen anecken, die sich irgendwann zurückziehen, die immer seitlich stehen und dann meistens als Spaßbremsen oder Weicheier ausgegrenzt werden. Bei Frauen ist es vielleicht noch halbwegs legitim, bei Männern wirds schwierig.
Außerdem gehen hochsensible Menschen, die sich noch nicht mit dem Thema beschäftigt haben, fälschlicherweise davon aus, dass alle anderen Menschen genauso empfinden und wundern sich oft, dass andere die Dinge nicht spüren, die doch eigentlich auf der Hand liegen.

Wovon rede ich hier überhaupt? Ich rede von Menschen, die...
...in einen Raum kommen und sofort spüren, was dort für eine Stimmung herrscht
...denen auf Festen, Feiern oder sonstigen Events nach einiger Zeit alles zu viel wird
...für die schon klar ist, was das Gegenüber sagen möchte, auch wenn er es noch nicht ausgesprochen hat
...die keine enge Kleidung mögen
...die bei Douglas nach 5 Minuten rausgehen müssen, weil sie Kopfschmerzen und Übelkeit bekommen
...die sich gut in andere Menschen hineinfühlen können.

Angeblich sind ca. 20 % aller Menschen als hochsensibel hochgerechnet. Es gibt spezielle Tests, an denen man das überprüfen kann. Manche Test scheinen direkt aus der Brigitte zu kommen. Wie hier schon so ein bisschen deutlich wird, gibt es viel Polemik und ganz wenig gesicherte Tatsachen. Fakt ist aber, dass jeder Mensch individuell ist und damit kann es auch Menschen geben, die sensibler sind. Ohne damit werten zu wollen.

Für mich war das Thema damals vor ca. 4 Jahren deshalb so spannend, weil ich in einer Fachzeitschrft einen Artikel gelesen hatte, der sich auf Hochsensibilität bezog. In diesem Artikel gab es auch einen Hinweis auf www.zartbesaitet.net, den ich natürlich - neugierig geworden - in den Computer eingegeben habe. Danach fiel es mir wie Schuppen aus den Haaren....ich musste weinen, weil ich endlich wusste, warum ich so bin wie ich bin und warum mich viele Menschen einfach nicht verstehen konnten. Dieses Wissen, nämlich dass ein Haufen Menschen die Dinge, die ich merke, nicht mitbekommen und dass ich natürlich - klar, als hochsensibler Mensch - auf diese Tatsache Rücksicht nehmen kann und das in mein Denken und Handeln einbauen kann. Und das ich nicht der einzige Depp auf der Welt bin....das hat mir riesig geholfen.

Also ein weiterer Stein zur Selbsterkenntnis...

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...die bei Douglas nach 5 Minuten rausgehen müssen, weil sie Kopfschmerzen und Übelkeit bekommen

Jetzt wo ich das lese, merke ich plötzlich, dass dies bei mir auch so ist. Irgend etwas ist fürchterlich dort - der Geruch, die geschminkten Gesichter, die gekünstelten Stimmen...

Es ist manchmal eher ein Fluch, als ein Segen, wenn man die Gefühle anderer spürt oder durchschaut. Denn dazu gehört eben auch, dass man sofort spürt, wenn etwas unecht ist. Dann ist es nicht viel anders als bei Douglas!

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JA genau so ist es.
Früher hab ich gerne Science Fiction gelesen und wenn es dann um Telepathie ging habe ich immer gedacht, wie schrecklich muss das sein, wenn man die Gedanken der anderen wirklich lesen kann und nicht nur ein bisschen spüren, wie der andere drauf ist.
Da musste ich lernen mich abzugrenzen, was dazu geführt hat, dass ich niemanden richtig an mich herangelassen habe und immer an der Oberfläche im Kontakt blieb um nicht zu viel mitzukriegen, was natürlich prompt dazu geführt hat, dass ich zum Außenseiter, Sonderling wurde.
Auch in Beziehungen hat es dazu geführt, dass mir oft emotionale Kälte vorgeworfen wurde. Eigentlich DER Widerspruch. Aber ich hatte Angst, zu sehr in den anderen hineingezogen zu werden, weil das Wissen um die Zustände des anderen auch immer dazu führt (wenn man ihn liebt), dass man ihm gut will und ihm helfen will, wenn es ihm nicht gut geht. Das ist aufreibend und führt selten zur wirklichen Verbesserung (im schlimmsten Fall ruht der andere sich darauf aus). Deshalb habe ich immer "mit Abstand" geliebt. Heute mache ich es anders. Dadurch, dass ich erkennen konnte, was bei mir los ist und das es bei anderen nicht so ist, bin ich selbst-bewußter geworden und sage dem anderen, was ich von ihm mitbekomme und wie ich darauf reagieren (muss).
Im Berufsleben ist das eine große Hilfe geworden, auch wenn es immer noch die ewigen Alphatiere gibt, die gar nichts verstehen wollen. Im Privatleben habe ich das Glück, dass ich jetzt auch eine hochsensible Frau gefunden habe. Wir beide wissen um die Antennen des anderen und können daher ganz anders miteinander umgehen und vor allem endlich so sein, wie wir sind. Ein Segen!

Es ist richtig: ganz schlimm ist es zu spüren, wenn etwas anders gesagt wird (oder anders gehandelt wird) als man es spürt. Man kann ja schwer sagen, "hey du, deine Körpersprache und dein Tonfall hat mir aber gerade verraten, dass das nicht stimmt, was du gesagt hast" ... privat schon eher als im Beruf.

Ganz bitter ist, wenn hochsensible Kinder in den Konflikt geraten, dass die Aussagen der Eltern mit dem was die Kinder spüren nicht übereinstimmen. Meines Erachtens eine Ursache für ganz viele Verhaltensstörungen bei Kindern und Jugendlichen.

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Mir ging und geht es ganz genau so. Betreffende Parfümerie meide ich und stelle beispielsweise auch fest, dass ich sehr deutlich reagiere auf kleinste Spuren von Zigarettenrauch, auf Abgase, Kanalgeruch und vieles mehr. Das trifft mich bisweilen wie ein Faustschlag.

Aber ganz besonders das Abschotten gegen die Gefühle und Stimmungen anderer geht nur sehr schwer. Ich weiß meistens ziemlich von Beginn an, in welcher Verfassung mein Gegenüber ist, und insbesondere unterdrückte Wut, aufgesetztes Lachen und Attidtüden sind für mich extrem schwer auszuhalten. Bei meinem Mann mache ich mir die Mühe, über das, was ich empfinde, ausführlich reden zu wollen. An kleinsten mimischen Abweichungen kann ich oft schon erkennen, was Sache ist. Ihm wird es manchmal erst klar, nachdem wir es besprochen haben. Aber dieses Ausmaß an eigentlich notwendiger Ehrlichkeit lässt sich mit anderen Menschen nicht immer oder sogar überhaupt nicht praktizieren. Affektierte, hektische, aufgeregte Menschen treiben mich dann in innere Isolation, weil es einfach nicht anders auszuhalten ist.

Meine bisweilen extreme Empfindlichkeit Geräusche betreffend spiegelt sich in meiner endlosen Geschichte über das Radio in der Firma, unter anderem hier, hier, hier und hier nachzulesen. Ich kann das nicht ignorieren. Ich nehme jedes Detail wahr, Textfragmente und ihre Bedeutung drängen sich mir auf, Melodien bleiben hängen. Ich habe schon von vielen gehört: "Ach, da hab' ich gar nicht drauf geachtet!" Wie machen die das?

Hochsensibilität ist keine offzielle Diagnose einer Krankheit, aber das muss sie auch gar nicht sein. Mir hat diese Erklärung sehr geholfen dahingehend, dass ich gemerkt habe, anderen geht es auch so. Es erleichtert einem die Anerkennung der eigenen Persönlichkeit und vermittelt sogar einen gewissen Stolz auf bestimmte Fähigkeiten, auch wenn diese in der meisten Zeit in unserer Gesellschaft leider eher ein Manko sind bzw. als solches begriffen werden. Andererseits: Man sieht viel mehr als andere und wird daher auch öfter beschenkt mit Einblicken, die anderen entgehen.


P.S.: Der Satz "Sei doch nicht so empfindlich!" war in meiner Kindheit die meistgehörte Kritik, und auch die, die mich am tiefsten traf.

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In der Kindheit hieß es bei mir: "Stell dich nicht so an" und in der Adoleszenz dann sehr oft "Wo bist du wieder?, Hallo!!". Der innere Rückzug ist dann oft die einzige Möglichkeit und das es eigentlich immer falsch verstanden wird, liegt ja auf der Hand. Meine Antwort damals war dann auch oft: "Demnächst hänge ich mir ein Schild um den Hals".

Wegen der Seelenhygiene ist es für mich oft sehr hilfreich, statt sich nerven zu lassen, den Schalter einfach umzulegen und den Focus auf die unbestreibare Sinnlichkeit zu legen. Versuche ich, die vielen Eindrücke nacheinander als sinnliche Erlebnisse zu werten, ist es nicht mehr so schlimm. Das hilft auch im Umgang mit Nicht-Eingeweihten: "Moment mal - ich geniesse gerade die/das/den ....und kann mich nicht auf anderes konzentrieren". Als Mann kann ich immer entschuldigend sagen, dass ich ja nicht multitaskingfähig bin ;-) Bei Eingeweihten hilft jetzt auch sehr schnell der Hinweis, dass ich erst mal ankommen/sortieren muss, oder seelisch überfordert bin.
Meine Partnerin hat (mindestens) ein hochsensibles Kind. Da bekomme ich genau vorgeführt, wie es damals für mich war. Ein Segen für die Kleine und für mich eine Verarbeitungsmöglichkeit. Die andere Tochter ist zumindest hochbegabt....und wahrscheinlich auch sensibel...eine noch schwierigere Kombination, weil sie nämlich eigentlich Input ohne Ende braucht, es aber auch schnell zu viel wird, was sich in schwindender Konzentration und Hibbeligkeit äußert. Psychologen und Ärzte würden da wahrscheinlich ADHS diagnostizieren und Tabletten verschreiben :-(
Dafür ist diese Welt einfach nicht eingerichtet. Wie schön wäre es, wenn es einfach mal sein darf.

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Ein Ausweg aus der Misere des zuviel Wahrnehmens könnte darin liegen, einen inneren Abstand zu den Wahrnehmungen herzustellen. Das ist nicht das Gleiche, wie sich taub und blind zu stellen. Allerdings ist dies ein langer Weg der Übung. Bei der Meditation oder Kontemplation wird dies ja auch versucht. Gedanken, die en masse auf einen einströmen, nicht wegzudrücken – was auch nie wirklich funktioniert – sondern sie einfach vorbeifließen zu lassen. In eine Douglas-Filiale gehen und die ganze Maskerade wahrnehmen, aber dies nicht bis ins innere Fühlen vordringen zu lassen und nicht zu bewerten. Ich weiß, dass sich das jetzt belehrend anhört und eine Douglas-Filiale wird immer ein unangenehmer Ort bleiben, weil dort einfach alles unnatürlich ist. Aber man kann es vielleicht ein wenig entschärfen.

Übrigens fiel mir beim Lesen Eurer Beiträge auf, dass ich die gleiche Aversion mittlerweile fast in allen Kaufhäusern habe. Für mich stellt ein Kaufhaus Stress und völlige Reizüberflutung dar. Ich denke manchmal, dass mit mir etwas nicht stimmt, wenn irgendwo beschrieben wird, wie gerne Frauen ausgiebig shoppen gehen (und das trifft auf sehr viele auch tatsächlich zu).

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Mir hat das Meditieren auch unglaublich weitergeholfen, wenn es darum ging, einen inneren Haltepunkt zu finden und zur Ruhe zu kommen. Das dabei Erlernte würde ich nicht wieder missen wollen.

Ich merke allerdings sehr, dass das von meiner Tagesform abhängt, ob inneres Distanzieren gelingt. Wenn man gut drauf ist, dann mag das mit der Parfümerie ein nettes Experiment sein, aber an schlechten Tagen oder in Situationen, in denen man sich nicht körperlich entziehen kann, ist das dann schon wieder anders. Shopping geschieht ja meist noch freiwillig, und wenn mir nicht nach Menschenmassen ist, dann lasse ich das. Parfüm kaufe ich überdies ohnehin nur selten und nur für andere. Ich habe eine Flasche mit einem bestimmten Duft, den ich ganz ab und an sehr sparsam verwende, weil mir die ganze Bedufterei ohnehin zu viel ist. Auch an Shampoos oder Duschbad ertrage ich das nicht.

In der Firma habe ich es manchmal nicht anders ausgehalten, als mich für zehn Minuten aufs Klo oder in die Küche zurückzuziehen, um den dauernden akustischen Input zu reduzieren. Gerade bei Musik fällt mir das Ignorieren sehr schwer, weil sie für mich immer mit einer emotionalen Bewertung verknüpft ist.

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Vielleicht hilft dir das bei Musik. Bei mir funktioniert es manchmal ganz gut, wenn ich einen Titel, den ich sehr gerne mag und der für mich ein Ohrwurm ist, ganz dezent in der Nähe laufen lasse. Dann blende ich die anderen Geräusche aus und habe sozusagen eine Dauermusik im Kopf, die für mich als angenehm und beruhigend empfunden wird. Das lenkt mich dann ab.

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Ja, ich kann aus Erfahrung sagen, dass das hilft. Ich mache manchmal morgens, wenn ich allein bin und der Gatte schon aufgebrochen, auch einfach sehr laut eine meiner Lieblings-CDs an und "bespiele" mich sozusagen mit einem Ohrwurm für den Tag. Wenn ich Glück habe, überdeckt das die Musik am Arbeitsplatz.

Dort kann ich allerdings keine Musik hören. Wenn ich es versuchte, spielten das Radio auf der anderen Seite des Raumes und meine eigene Musik gegeneinander an, was die Sache eher verschlimmert.

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Ja so ein mp3-Player mit Kopfhörern und der richtigen Musik kann einen wahren Seelenfrieden auslösen ;-))

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Wohl wahr. Das würde ich am liebsten dauernd so machen, kriege aber Probleme mit meinen Ohren, wenn ich die ganze Zeit die Stöpsel drin habe - die neigen leider zu Entzündungen. Aber man kann nicht alles haben... ;-)

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Mein Sohn klemmt sich die Hörer hinter die Ohren, weil der das kratzige Gefühl der Stöpsel nicht ertragen kann...... (das sind ganz kleine Kopfhörer mit einem Kopfbügel)...und wenn er nur Stöpsel dabei hat, hängt er die sich so übers Ohr, dass sie vor dem Ohr baumeln.

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Das wäre auch noch eine zu probierende Variante.

Aber: Ich bin stolz auf mich. Ich bin heute einfach kommentarlos hingegangen und habe das Radio leiser gestellt. Das mag nicht unbedingt wie eine große Tat scheinen, aber mir bedeutet es doch sehr viel. Vor allem die Perspektive, mich gut um meine Bedürfnisse zu kümmern und sie durchzusetzen.

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Ich weiß, wie schwer das ist....Glückwunsch und weiter so!

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Danke für den Blogbeitrag. Gibt ja nicht nur Brigitte Test, sondern durchaus auch treffendere. Ich denke es ist sowieso immer nur ein erster Anhalt. Ich finde den hier ganz passend (für mich): http://www.hochsensibel-test.de/ Ich frage mich bei dem Thema immer, woher die Annahmen kommen, dass 20 Prozent hochsensibel sind. Und dass das Thema dennoch bei den meisten Menschen die Esoterik-Glocken läuten lässt oder schlicht unbekannt ist... Müsste doch eigentlich eine viel breitere Diskussion darüber geben, mehr noch als über Hochbegabung pp.

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Bezüglich der breiteren Öffentlichkeitsdiskussion. Nun ist es ja bei Betroffenen so, dass man sich ungern präsentiert, was der Absicht, das Thema in die Öffentlichkeit zu bringen, ja wieder entgegen steht. Trotzdem kann man sicherlich übers Internet einige Gleichgesinnte erreichen und sich gegenseitig Mut machen.
Meine Absicht ist, dass für meinen regionalen Bereich zu tun. Es fehlt nur noch die Idee, wie und wann.
Aber ich finde es immer gut, wenn sich andere mit an der Thematik beteiligen und sich unterstützen.
Danke

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eine krankheit ist hochsensibilität aber nicht.
ich betrachte es als emotional verfeinerte wahrnehmung der welt und aller wesen und dinge darin. die "andere seite" sozusagen ist die "überflutung", mit der man erstmal umgehen lernen muss und auch das, wie du schreibst b-reeze, dass man annimmt, alle dächten / fühlten so, wovon abstand zu nehmen ist.

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