Freitag, 23. November 2012
Graue Haare sind schön - oder?
Ein paar graue Haare sind dazu gekommen. Die letzten zwei Jahre waren voller seelischer Kapriolen. In den alten Einträgen kann man das teilweise nachvollziehen. Jetzt ist das Seelenwetter ruhig und stabil – was ein Glück.

Manchmal braucht es im Leben eine größere Veränderung, um wieder weiter zu kommen. Meistens tut diese Veränderung erst mal nicht gut, es ist eine Menge Mut nötig und als bequemer Mensch scheut man natürlich auch das Risiko, auf was lasse ich mich ein, welche Gefahren lauern, wie viel von meiner bequemen Couch muss ich aufgeben und bin ich am Ende ganz alleine?

Danach wird es immer anders als man es sich vorgestellt hat. Die Wirren und Irrwege haben sich geordnet, es wird nach und nach eine Richtung deutlich, in der es weiter gehen kann. Man blickt zurück, auf den geleisteten Stress und fühlt sich in der Abarbeitung seiner Veränderungen dann im nachhinein immer wohler als vorher. Ein bisschen von – hättest du es nur früher riskiert – macht sich dann im Hinterkopf ganz leise bemerkbar.

Letztendlich habe ich 16 Jahre Beziehung in Frage gestellt und nach fast 4 Jahren hineinfühlen und hin- und herkauen, hoffen, bangen und verzweifeln in das Fach „Vergangenheit“ einsortiert. Die Veränderungen in dieser Beziehung, die jeweiligen persönlichen Entwicklungsschritte haben dafür gesorgt, dass Ansprüche an den Partner mit der Realität nicht mehr übereinstimmten. Das ist eine bittere Erkenntnis und die Verbesserungen im jetzigen Leben sind teuer erkauft, auch weil Kinder darunter leiden müssen.
Ich kann nur raten: wenn man sich für „ewig“ verbindet – berücksichtigt die Veränderungen, die das Leben so mitbringt, denk an Reifungsprozesse in der eigenen Seele und denkt an den Alltag, der mit seiner omnipotenten Präsenz alle Romantik den Garaus macht. Ein Vabanquespiel, weil ja auch die Zukunft nun mal nicht vorhersehbar ist.

Ich möchte nicht den frisch verliebten Paaren den Spaß verderben – oft genug (zu 63%) funktionieren Ehen ja auch mehr oder weniger – zumindest bleiben sie intakt, wie ich heute in der Regionalzeitung gelesen habe: Jubilare die 60 Jahre verheiratet sind. Alle Achtung und herzlichen Glückwunsch!! Natürlich sieht man nicht die Hintergründe. Aber Paare, die sich trauen wollen, sollten sich vorher bauchgefühlsmäßig gut abklopfen, und wenn da nur ein Hauch von Zweifel ist – besser nur ohne Kinderwunsch zusammen kommen. Dann ist die Trennung hinterher einfacher.

Aber solche Gedanken hegt man nicht mit 20 oder 30….die kommen erst mit der entsprechenden Erfahrung. Die Partnerbörsen im Internet sind voll mit suchenden Seelen, die nach tausend Enttäuschungen immer noch nicht aufgegeben haben, das Glück des Lebens zu finden. Irgendwo muss es doch sein…..

... comment

 
Ja, graue Haare sind schön. Sie zeugen davon, dass man einiges gesehen, erlebt und gelernt hat und dazu stehen kann. Wir kriegen auch welche allmählich (und auf der weiblichen Linie meiner Vorfahren was das Phänomen immer schon verbreitet, früh grau zu werden). Macht nichts. Im Gegenteil.

Ich lese so viel Wandel aus dem, was Sie schreiben. Letztlich ist es in einer Partnerschaft so, dass man sich gemeinsam wandeln muss, um einander nah zu bleiben, und wenn tatsächlich etwas stirbt (Liebe, Interessen, Zuwendung zum anderen oder gar die Achtung voreinander), dann nicht nur, weil die Zeit solche Dinge nun einmal tut, sondern meist, weil man den Blick nicht auf dem anderen und auf dem Wir hatte, sondern allein auf dem Ich. Man braucht Raum für Entwicklung, der andere auch, und wenn es zusammen gehen soll, dann muss man sich kümmern. Um das eigene Wohlbefinden genau so wie um das des anderen. Klar und deutlich reden.

Und vor allem - diese Erfahrung habe ich gemacht - muss man sich von dem Gedanken trennen, der andere sei zur eigenen emotionalen Versorgung da. Es gibt so viele Menschen, die mit dem Anspruch in Partnerschaft und Ehe gehen, dass der andere sie "glücklich machen" muss, immer für sie da sein, stets bereit, die eigenen Interessen zurückzustellen. Das hat dann aber meiner Meinung nach mit einer Partnerschaft nur noch wenig zu tun, es ist wie ein Mutter-Kind-Verhältnis. Die Partner weigern sich, oft wechselseitig, erwachsen zu werden und sich selbst um die fundamentalen eigenen Bedürfnisse zu kümmern. Statt dessen wird erwartet, dass der andere einem Wünsche an den Augen abliest, dass man kein Wort verlieren muss, dass man jederzeit im Gleichklang tickt. Das instrumentalisiert den anderen zum Versorger, und daran scheitern Beziehungen.

Entwicklungsspielraum ist wichtig, aber ich muss auch stets wissen, wer der andere ist. Das geht nur, wenn er sich mitteilt, und umgekehrt muss ich mich auch mitteilen. Über Kränkungen, Missverständnisse, Wünsche, Bedürfnisse. Ich glaube, viele Menschen sitzen stumm da und hoffen, der andere wird's schon richten und sind dann irgendwann zu Tode frustriert, weil das nicht passiert. Entweder, weil der andere gar nicht lesen kann, was man gerade braucht (dann fühlt man sich ungesehen) oder weil er mit seinen Versuchen daneben liegt (dann fühlt man sich missverstanden) oder weil er es irgendwann gar nicht mehr versucht (dann fühlt man sich, als sei man nicht mehr wichtig und es nicht wert).

Sich einzugestehen, dass man gescheitert ist, ist auch keine Schande. Natürlich ist es immer schwierig, wenn Kinder im Spiel sind, aber letztlich mag es auch für diese besser sein, man trennt sich im klaren Bewusstsein und mit Respekt, als man bleibt zusammen mit knirschenden Zähnen, dauernder Enttäuschung und Bitterkeit. Ich bin in der Ehe meiner Eltern so großgeworden: Zwischen hämischen gegenseitigen Spitzen, Streit, Geheule, Gebrüll und Vorwürfen und habe dabei zugesehen, wie diese beiden sämtliche Selbstachtung und Achtung für den anderen über Bord warfen. Zusammen sind sie immer noch - nicht zum Vorteil ihrer Kinder.

Das Glück des Lebens. Nun, das im anderen zu suchen ist schon irgendwie vermessen, auch wenn wir uns hier im Westen angewöhnt haben, diesem romantischen Ideal hinterherzujagen. Glück lässt sich empfinden im Zusammensein mit anderen, aber wer nicht mit sich selbst glücklich ist, kann suchen, bis er schwarz wird. In Wirklichkeit ist das Glück, das wir suchen, doch schon in uns. Es ist jetzt, nicht erst morgen. Wer will sein Leben schon suchend verbringen.

... link  


... comment
 
Dein Text klingt so traurig. Und wenn ich so an die Paare denke, die ich um mich herum gut oder auch nur flüchtig kenne – da ist eine halbwegs glückliche Beziehung nicht die Regel. Es macht traurig, dass in einer Beziehung oftmals soviel durch den Alltag verloren geht. Und es gibt kein Patentrezept. Auf Gedeih und Verderb zusammen bleiben ist genauso falsch wie das ständige Wechseln in der Euphorie einer neuen Verliebtheit.

Kindern tut es am Anfang bestimmt weh, wenn die Eltern sich trennen. Aber auch die Trennung wird irgendwann als normal integriert. Aber diese schmerzhafte Trennungsphase dauert meist länger, als man es zu ertragen meint. Ich erinnere mich nur mit Schaudern an solche Zeiten, in denen man sich völlig dünnhäutig und instabil fühlt. Da hilft nichts anderes, als sich immer wieder zu sagen, dass es irgendwann vorbeigeht.

... link  


... comment
...bereits 1229 x gelesen